Autofiktion aus Japan – Über Hiromi Itos „Dornauszieher“

Shownotes

Wie übersetzt man die verschiedenen Anreden im Japanischen, für die es im Deutschen oft nur ein Wort als Entsprechung gibt? Wie entscheidet man, welche Anspielungen man erklären muss? Wie geht man damit um, wenn die Autorin im Original zwischen Schriftsystemen wechselt? Und wie verbreitet ist das Ich in der japanischen Literatur? Darüber sprechen Sonja Hartl und Katharina Borchardt mit der Japanologin und Übersetzerin Irmela Hijiya-Kirschnereit anlässlich ihrer Übersetzung von „Dornauszieher“ (Matthes & Seitz Berlin 2021) von Hiromi Ito.

„Dornauszieher“ erzählt von einer Frau im Alter von Hiromi Ito, die ebenfalls Hiromi Ito heißt und eine berühmte Dichterin ist, und sich in einem ständigen Hin und Her befindet: zwischen Japan, wo ihre kranken und zunehmend pflegebedürftigen Eltern leben, und den USA, wo sie mit ihrem dreißig Jahren älteren Ehemann lebt und auch ihre drei Töchter sind, die ebenfalls Sorgen und Probleme haben. Das Buch stand im Winter 2021 auf Platz 1 des Weltempfängers und damals schrieb die Jurorin Claudia Kramatschek: „Eine Frau im Dauerstress — und zwischen zwei Kulturen: das ist die Ich-Erzählerin in dieser Autofiktion. Ungeschützt beschreibt Ito weibliche Allverfügbarkeit — und erschafft zugleich ein Genre-Crossover, in dem erlebter Buddhismus ebenso Platz hat wie ein vielstimmiger Chor japanischer Literatur.“

Irmela Hijiya-Kirschnereit ist Japanologin und Übersetzerin aus dem Japanischen.

Katharina Borchardt ist Redakteurin bei SWR Kultur und Mitglied der Weltempfänger-Jury.

Sonja Hartl ist freie Journalistin.

Hiromi Ito wurde 1955 in Tokio geboren und hat sich in den 1980er Jahren zunächst mit Lyrik einen Namen gemacht – sie hat neue Themen und Sprechweisen in die japanische Lyrik eingebracht, sich aber dann auch dem Essay und der Prosa zugewandt. Sie wurde mit zahlreichen Preisen ausgezeichnet. Im Frühjahr 2024 ist bei Matthes und Seitz Berlin ebenfalls in der Übersetzung von Irmela Hijiya-Kirschnereit der Roman „Hundeherz“ von Hiromi Ito erschienen.

Das Gespräch wurde im Mai 2023 aufgezeichnet.

Seit 2008 erscheint die Weltempfänger-Bestenliste auf Anregung des Autors, Übersetzers und Herausgebers Ilija Trojanow und gibt Orientierung über übersetzte Literaturen aus Afrika, Asien, Lateinamerika und der arabischen Welt. Litprom gibt die Bestenliste viermal jährlich heraus. Eine ehrenamtliche Jury aus acht Literaturkritikerinnen und Journalistinnen wählt stets sieben Titel aus. Die Weltempfänger-Bestenlisten sind auch auf der Webseite von Litprom zu finden.

Litprom wurde 1980 als „Gesellschaft zur Förderung der Literatur aus Afrika, Asien und Lateinamerika e.V.“ gegründet und will den Dialog über und mit Literaturen des Globalen Südens im deutschsprachigen Raum anregen und fördern. Mehr Informationen gibt es auf der Webseite.

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Der Podcast wird gefördert vom Deutschen Übersetzerfonds im Rahmen des Programms NEUSTART KULTUR der Beauftragten der Bundesregierung für Kultur und Medien.