Gewaltvolle Geschichte übersetzen – Ein Live-Podcast von der Leipziger Buchmesse

Shownotes

Wie setzen sich lateinamerikanische Gegenwartsautor*innen mit der Geschichte ihres Landes auseinander? Darüber hat Sonja Hartl auf der Leipziger Buchmesse mit den Übersetzern Benjamin Loy und Timo Berger gesprochen. Im Mittelpunkt steht das Buch „Die Differenz“ der chilenischen Autorin Alia Trabucco Zerán, das von Benjamin Loy ins Deutsche übertragen wurde.

In „Die Differenz“ begeben sich drei junge Erwachsene in Chile – ungefähr 2013 – auf einen Roadtrip. Ihre jeweiligen Eltern waren in Opposition zu Pinochet, sie gehörten derselben Widerstandsgruppe an. Felipes Eltern sind gestorben, seither streift er durch die Straßen Santiagos und zählt die Toten, die er sieht. Er will herausfinden, wie viele Menschen während der Diktatur verschleppt wurden: Er will die Differenz zwischen den Geborenen und Gestorbenen herausfinden. Aufgewachsen ist er zu großen Teilen bei den Eltern von Iquela, auch sie sind miteinander befreundet. Iquela arbeitet als Übersetzerin, vor allem aber will sie von der Vergangenheit, die ihre Mutter nicht loslassen kann, nichts mehr hören. Die dritte ist Paloma – ihre Eltern sind nach Berlin geflohen, nun kommt sie nach Chile zurück, um den Leichnam ihrer gerade verstorbene Mutter dort zu beerdigen. Gemeinsam versuchen die drei, dieses Vorhaben umzusetzen – und stoßen auf allerhand Schwierigkeiten.

„Die Differenz“ stand im Sommer 2022 auf Platz 1 des Weltempfängers. Damals schrieb Anita Djafari: „Drei junge Menschen, Kinder ehemaliger linker Kämpfer*innen gegen die Pinochet-Diktatur, begeben sich in einem wahnwitzigen Roadtrip über die Anden auf die Suche nach einem verlorengegangenen Sarg. Was es heißt für nachfolgende Generationen, weder richtig erinnern noch vergessen zu können, wird in diesem sprachmächtigen Debüt schmerzhaft schön beschrieben.“

Alia Trabucca Zerán: Die Differenz. Aus dem chilenischen Spanisch von Benjamin Loy. Bahoe Books 2021. 220 Seiten, 19 Euro.

Alia Trabucco Zerán wurde 1983 in Santiago de Chile geboren. Sie hat Rechtswissenschaft studiert, an der New York University einen Abschluss in kreativem Schreiben gemacht und dann in London am University College promoviert. „Die Differenz“ ist ihr Debütroman, 2024 ist ihr zweiter Roman „Mein Name ist Estela“ erschienen, ebenfalls von Benjamin Loy übersetzt.

Benjamin Loy ist Übersetzer aus dem Spanischen und Professor für Romanistik mit dem Schwerpunkt Lateinamerika an der Ludwig-Maximilians-Universität in München.

Timo Berger ist Literaturveranstalter, Übersetzer aus dem Spanischen und Portugiesischen und Experte für lateinamerikanische Literatur.

Sonja Hartl ist Kritikerin und Autorin.

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Die Veranstaltung auf der Leipziger Buchmesse fand in Kooperation mit dem Übersetzungszentrum statt.